Vom Netz genommen statt neu errichtet
Windräder immer häufiger stillgelegt
Ein Artikel, der am 01.08.2024 in der Frankfurter Rundschau erschienen ist, lässt wieder einmal die Frage aufkommen: Wieviel Sinn macht der von der Ampelregierung geforderte schnellere Ausbau der Windenergie?
Vom Netz genommen statt neu errichtet
Windräder immer häufiger stillgelegt
01.08.2024, 04:55 Uhr
Von: Robert Wallenhauer
Die Windkraft ist ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende. Trotzdem wurden im ersten Halbjahr mehr Windräder abgeschaltet als neu gebaut. Es gibt dafür mehrere Gründe.
Berlin – Der Ausbau der Windenergie ist im ersten Halbjahr leicht ins Stocken geraten. Es wurden mehr Windräder vom Netz genommen als neu gebaut. Das ergaben Zahlen des Bundesverbands Windenergie (BWE). Bundesweit wurden demnach 250 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 1,3 Gigawatt errichtet – das waren 19 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 277 Windräder wurden im ersten Halbjahr 2024 vom Netz genommen. Die Gesamtleistung aller Windräder ist trotzdem leicht angestiegen, weil neue Turbinen effektiver arbeiten als ältere.
Stockendes Wachstum bei Windrädern – Das sind die Gründe:
Der rückläufige Zubau im ersten Halbjahr sei mit mehreren Faktoren zu begründen, heißt es von Bärbel Heidebroek, Präsidentin des BWE. Sie verwies auf starke Winde im April, die es erschwerten, Kräne aufzubauen, und auf technische Probleme auf Baustellen. Außerdem habe es durch eine Sperrung auf der Autobahn A27 bei Cuxhaven Probleme beim Transport von Rotorblättern gegeben. Über den dortigen Hafen kommen die meisten Rotorblätter für Windräder an und werden dann ins Landesinnere gebracht.
Windräder: Von Januar bis Juni 2024 gingen mehr Windräder vom Netz als neu gebaut wurden.
© Jens Büttner/dpa
Heidebroek betonte aber auch das große Potenzial beim Ausbau der Windenergie. Die Zahl der neu genehmigten Windräder, die noch nicht realisiert sind, stieg um 32 Prozent zum Vorjahr , auf 847.
Norddeutschland baut mehr Windräder als der
Süden
Nach wie vor gebe es ein starkes Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft an Land, sagte Heidebroek weiter.
Die meisten neuen Anlagen wurden im ersten Halbjahr in Nordrhein-Westfalen errichtet, gefolgt von Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dagegen hätten Länder wie Baden-Württemberg und Bayern nur zu einem geringen Anteil zum Ausbau beigetragen . Der Süden müsse endlich aufholen und Flächen ausweisen, sagte Heidebroek. „Das Nadelöhr sind nach wie vor die Flächen.“
Bundesweit wurden zum Ende des ersten Halbjahres insgesamt 28.611
Windräder mit einer Gesamtleistung von 61,9 Gigawatt installiert. Ziel der Bundesregierung ist eine Gesamtleistung von 115 Gigawatt bis zum Jahr 2030. Der derzeitige Ausbau bleibt nach Branchenangaben hinter den Anforderungen zurück. Um auf den notwendigen Zubau zu kommen, müssten aus Genehmigungen umgesetzte Projekte werden, hieß es vom BWE. Auch wenn Entscheidungen der Bundesregierung zum Beispiel
zur Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren wirkten, seien weitere politische Maßnahmen notwendig.
Die Branche hatte für das Gesamtjahr 2024 einen Zubau von 4 Gigawatt prognostiziert. Um dies erreichen zu können, müsse eine Schippe draufgelegt werden, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems. Er sprach mit Blick auf die Zahlen für das erste Halbjahr von Licht und Schatten. Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte müssten vereinfacht und beschleunigt werden, so Rendschmidt. „Um die Komponenten der Windenergieanlagen möglichst reibungslos zu den Baustellen zu bringen, braucht es bundeseinheitliche Regeln.“
Ausbau der Windenergie: Das plant die Bundesregierung
Beim Ausbau der erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne soll es einen Systemwechsel geben. Die Bundesregierung plant eine Umstellung auf eine Investitionskostenförderung, wie es in der „Wachstumsinitiative“ heißt. Bisher gibt es bei der Windkraft an Land Ausschreibungen, Betreiber bewerben sich auf eine Förderhöhe – statt wie zuvor eine gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung zu beziehen. Heidebroek sagte, eine totale Umstellung des Fördersystems drohe die Branche zu verunsichern, Investitionen könnten zurückgehalten werden.
Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sollen Betreiber von Windenergieanlagen den Standortkommunen eine finanzielle Beteiligung anbieten. Es handelt sich um eine freiwillige Regelung. Gemeinden können dann direkt von den Stromerträgen von Windrädern in ihrer näheren Umgebung profitieren. Wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mitteilte, haben sich Windpark-Betreiber, darunter die Firmen EWE, EnBW und Enertrag, zur finanziellen Beteiligung von Kommunen verpflichtet. Je nach Standort sei mit einer Summe von 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr pro Windenergieanlage zu rechnen, die an die umliegenden Gemeinden ausgezahlt werden. Diese zusätzlichen Einnahmen könnten die Gemeinden in wichtige lokale Projekte investieren.
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