Photovoltaik in Brandenburg

© Foto: Patrick  Pleul/dpa

NABU beklagt Wildwuchs und viel zu große Solarparks

Brandenburg baut  die Solarenergie massiv aus.  Aber es gibt kaum verbindliche Regeln für die Planung von einem Solarpark. Der Naturschutzbund NABU warnt vor starken Auswirkungen auf die Landschaft.

INTERVIEW 13. September 2023, 05:30 Uhr •  Potsdam

Ein Artikel von Mathias  Hausding

Mega-Solarparks wie der in Werneuchen (Barnim) stoßen beim NABU Brandenburg auf Kritik. Landeschef Björn Ellner warnt vor einem  weiteren ungesteuerten Ausbau der Solarkraft.

Von aktuell 6 auf dann  33 Gigawatt  soll die Solarleistung in Brandenburg nach  dem Willen der Landesregierung bis 2040 steigen.

Björn Ellner, Landesvorsitzender des  NABU Brandenburg, erhebt im Interview Einwände  gegen die Art und Weise.

Herr Ellner, schaut man sich Planungen für Solarparks in Brandenburg an, wirkt es so, als gäbe es keine verbindlichen Regeln dazu, was geht und was nicht. Wie sehen Sie das?

Ich teile diesen Eindruck. Zuständig sind die Kommunen, die sich lediglich an unkonkrete Ziele der Raumordnung halten  müssen. Das Land macht kaum verbindliche Vorgaben. Das heißt in der Praxis, Kommunen können  Freiflächen-Photovoltaik  dort planen, wo sie möchten. Ausgeschlossen sind – Stand  jetzt – lediglich Naturschutzgebiete und Nationalparke. Landschaftsschutzgebiete sollen  für Solarparks geöffnet werden.

NABU prangert fehlende Steuerung beim Ausbau der Solarkraft an. Ist das aus Sicht des NABU in Ordnung?  Wir brauchen schließlich die Energiewende.

Der NABU ist der Überzeugung, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit großem Tempo  vorangetrieben werden muss. Aber wir kritisieren  die fehlende Steuerung durch das  Land. Wir haben Wildwuchs.  Die Kommunen selbst steuern auch  kaum. Weil sie zumeist finanziell klamm sind, werden sie kaum Angebots-Bebauungspläne aufstellen. In der Regel läuft es so, dass große Investoren kommen, die sich mit Grundeigentümern schon geeinigt haben und dann  einen Bebauungsplan erarbeiten. Auf dem Papier  macht es die Kommune,  aber der Investor bezahlt es und kann damit  natürlich Vorschläge zum Standort der Anlage machen.

Und dann kommt nochmal Geld ins Spiel…

Ja, ich hoffe, dass das  dann  auch fließt. Die Städte und Gemeinden sollten  von der Möglichkeit  Gebrauch machen, Vereinbarungen mit dem Investor über eine kommunale Teilhabe  am Ertrag abzuschließen. Diese  finanziellen Anreize führen natürlich dazu, dass die Abgeordneten in den Kommunen oft bereit  sind, großflächig Gemeindebereiche für Photovoltaik herzugeben. So entstehen überall im Land große Anlagen in großer Zahl. Aus Sicht des NABU problematisch: Die Landschaft in Brandenburg wird sich dadurch stark verändern. Wir haben einen massiven und ungesteuerten Flächenverbrauch. Selbst vor Landschafts- und Vogelschutzgebieten wird kein Halt gemacht. Das kritisieren wir sehr deutlich.

Was kann und was sollte  das Land tun?

Es sollte  über die Landesplanung Einfluss  nehmen, etwa  indem es raumbedeutsame Vorhaben anders definiert. Per Raumordnungsverfahren könnte  man dann  eher steuern, also  zum Beispiel sagen: In dem Bereich haben wir jetzt schon drei Solarparks in Planung,  dort kommt kein vierter hinzu.

Vorschlag des Landes Brandenburg: Kein Solarpark im FFH-Gebiet

Vor wenigen Wochen hat die Landesregierung  eine „Arbeitshilfe  Photovoltaik-Freiflächenanlagen“ für die Kommunen veröffentlicht. Enthalten sind auf den 26 Seiten Hinweise für die Standortwahl. Ein nützlicher Leitfaden?

Ja, ich denke, dass viele Kommunen ihre Bauleitplanung daran ausrichten werden. Aber rechtsverbindlich ist die Arbeitshilfe nicht. Es sind fast  alles nur Empfehlungen, die eine Kommune ignorieren kann, wenn sie möchte.

Was sind aus Ihrer Sicht gute und wichtige Punkte in der Arbeitshilfe?

Gut ist erstmal, dass Sachbearbeiter in Gemeinden nun etwas in der Hand haben,  in dem gebündelt alles steht,  was bei der Freiflächen-Photovoltaik eine Rolle spielt.  Aus Naturschutzsicht begrüße ich sehr, dass FFH-Gebiete als Ausschlusskriterium vorgeschlagen werden. Und es gibt immerhin eine Empfehlung für die Maximalgröße von Solarparks, nämlich  200 Hektar. Wobei auch  das  viel zu groß ist. 100 Hektar sind aus  NABU-Sicht die Schmerzgrenze.

Was steht noch drin?

Gut finde ich die Hinweise zur ökologischen Anlagengestaltung, dass zum Beispiel bei der Einzäunung Durchlässe für kleine Säugetiere eingebaut werden sollen.  Wenn man es gut macht und die Anlage nicht zu groß ist, kann ein Solarpark bestimmte Freiflächen mit Blick auf die Biodiversität aufwerten. Ich denke  da zum Beispiel an einen Acker, auf dem sich unter den Solarpaneelen Grünland etabliert. Das ist für die Insekten-Fauna ein Gewinn.

Der NABU fordert: Dächer und Fassaden viele stärker für Solarkraft nutzen

Am 14. September will Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach  seine  Pläne für eine Solarausbauoffensive vorstellen. Die Photovoltaik-Leistung soll von jetzt 6 Gigawatt bis 2040  auf 33 Gigawatt erhöht werden. Da kommt also einiges auf das Land zu. Worauf ist dabei zu achten?

Ich halte  das  Ziel für richtig. Wir müssen klimaneutral werden und brauchen Strom. Neben  der fehlenden Steuerung kritisieren  wir jedoch, dass die Politik zu wenig Anstrengungen unternimmt, versiegelte Flächen für Photovoltaik zu nutzen. Die Industrialisierung unserer Landschaft wird billigend in Kauf genommen. Vorhandene Hausdächer und Fassaden würden ausreichen, um bundesweit die Ausbauziele zu schaffen. Aber diese Areale gelten  im Vergleich zu Freiflächen als kompliziert und nicht so lukrativ. Die Politik geht hier den Weg des  geringsten Widerstands. Es müssen mehr Anreize für die Nutzung  versiegelter Flächen geschaffen werden!

https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/photovoltaik-in-brandenburg-nabu-beklagt-wildwuchs-und-viel-zu-grosse-solarparks-71688255.html

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