Helgas Redebeitrag auf unserer Demo am 21.05.2024

Dr. Helga Petrov

Döllner Str. 16

16244 Schorfheide

helga.petrov@yahoo.com

Regionalversammlung 21.05.2024

Das Wort Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes. Sie beschreibt politische Systeme, in denen die Staatsmacht vom Volk ausgeht. Wir Bürger sind nicht nur bei der Wahl unserer Volksvertreter gefragt.

Bürgerbeteiligung, ob kommunal, regional oder national, stärkt das Vertrauen in die Demokratie und bringt Politik und Bürger enger zusammen. In einer zunehmend komplexeren Welt ist Mitwirkung eine Chance, mehr Menschen am demokratischen Prozess zu beteiligen und gemeinsam gute Lösungen zu finden. Bürgerbeteiligung sollte eine aktive Teilnahme an politischen und gesellschaftlichen Prozessen sein und darauf abzielen, mehr Menschen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, um ihnen wirklich eine Stimme bei Fragen und Entscheidungen zu geben, die ihr Leben betreffen.

Was für Signale würde eine Gesellschaft senden, die diesen wichtigen Grundsatz der Demokratie nicht berücksichtigt?

Viele von uns bringen sich kommunal und regional regelmäßig ein. So verfolgen wir auch die Erstellung des integrierten Regionalplanes Uckermark/ Barnim mit großer Akribie. Nicht nur viele Bürger haben Einwendungen erarbeitet, sondern auch Ministerien, staatliche Institute, Kommunen, Umweltverbände und viele mehr. Trotzdem kam es bisher lediglich zu redaktionellen Änderungen des Planes. Im Klartext bedeutet das, dass weder die Gremien öffentlicher Belange noch ein einziger Bürger einen Einwand von Belang vorgebracht hätte. Das kann ich mir, ehrlich gesagt, kaum vorstellen.

Einwendungen zum Regionalplan wurden den Ausschussmitgliedern mündlich durch die Mitglieder der regionalen Planungsstelle, unterlegt mit Power-Point-Präsentationen, vorgestellt. Eine detaillierte Abwägungsdokumentation lag ihnen vor ihrer Abstimmung nicht vor. Wie sollen sie auf diese Weise fachkompetent wichten und entscheiden? Ihre Aufgabe liegt nicht nur im Abnicken von Entscheidungen. Bürger, die die Veranstaltungen regelmäßig besuchten, fragten sich des öfteren, welche demokratische Rolle diesem Gremium eigentlich zugemessen wird.

Aus den Erläuterungen von Frau Henze, Leiterin der Planungsstelle, auf der Sitzung des Planungsausschusses vom 20.03.2024 kann vielleicht eine Erklärung für dieses Gebaren abgeleitet werden. Sie führte aus: Jede Änderung in den Zielen und Grundsätzen bzw. in der Karte hätte eine neue Auslegung zur Folge.  Diese wäre mit Sicherheit nicht mehr in diesem Jahr zu organisieren, da durch die Kommunalwahlen eine Neukonstituierung der Regionalversammlung ins Haus stünde, die nicht vor November stattfinden könne. Mit einem neuen Anlauf für einen Satzungsbeschluss wäre dann unter Berücksichtigung der Auslegungs- und Bearbeitungszeiten nicht vor Ende 2025, wahrscheinlicher im Jahr 2026 zu rechnen.

Mit dieser Äußerung machte sie am 20.03.2024 mehrfach Druck auf die Regionalräte. Sie sagte: die Planungsgemeinschaft hätte mit einem gültigen Regionalplan ein Stück mehr Handhabe gegen Bauanträge zur Errichtung von WEA, die außerhalb der im Regionalplan festgelegten Gebiete gestellt würden.

Dass es sich im Maximum nur um ein „ Stück mehr Handhabe“ handelt, ist auch dem Baugesetz § 249, Abs. 4 zu entnehmen, in dem festgelegt ist, dass WEA auch in nicht-präviligierten Bereichen gebaut werden können. Der Regionalplan hilft gegen „Wildwuchs“ nicht.

Sowohl Bürger als auch Ausschussmitglieder haben mehrfach die vorfristige Erfüllung des 2,2%igen Flächenzieles hinterfragt. Bis 2027 ist nur die Ausweisung von 1,8 % gesetzlich vorgeschrieben. Frau Henze unterstrich regelmäßig die Wichtigkeit, 2,2 % auszuweisen. Als Begründung nannte sie die mögliche Gefahr, dass doch Windvorranggebiete aus dem Plan herausgenommen werden müssten, und dann keine Pufferflächen vorhanden wären. Da sie aber davon ausgeht, dass es keine Begründungen mehr für Änderungen gibt, ist diese Schutzeinnehmung nach der Faktenlage kaum nachvollziehbar.

Neben den Begründungen, die die Naturschutzverbände für das 1,8%-Ziel vorbrachten, wäre noch ein weiterer Gedankengang von Wichtigkeit:

Es ist unzweifelhaft richtig, dass Deutschland recht spät mit der Reduktion fossiler Energieträger begonnen hat – ganz besonders augenscheinlich wird das, wenn man uns mit den skandinavischen Ländern vergleicht.

Nur häufig wirkt sich unkoordinierter Aktionismus nachteilig auf das Erreichen des gewünschten Zieles aus. Unsere Energiewende hat große Mängel, was den zeitlichen Ablauf betrifft. Wir haben WEA und Solaranlagen, aber keine Speichermedien und nicht ausreichend ausgebaute bzw. auf die neue Energietechnik adaptierte Netzsysteme. Aufgrund der Subventionierungen dieser Energiesysteme zahlen die Bürger und die stromverbrauchenden Industrien ständig steigende Summen für Strom und Netzentgelte – Preise, die weder die Bürger noch die Industrie ohne Weiteres bewältigen können. Seit Monaten kommt es nicht nur zu bezahlten Abschaltungen von WEA und Solaranlagen, sondern auch häufig zu kostenlosen Stromlieferungen an unsere Nachbarländer, besonders wenn die Sonne scheint und gleichzeitig der Wind weht. Es kommt aber auch vor, dass wir noch Geld bezahlen müssen, damit sie uns den Strom abnehmen. An dieser Stelle wird der Bürger zweimal zur Kasse gebeten. Am Abend kaufen wir dann Strom von unseren Nachbarländern zu Preisen von ca. 130 bis 180 Euro pro Megawattstunde ein, weil es dunkel wird, kein Wind weht oder die Backup-Systeme nicht ausreichen.

Der Bau von weiteren WEA und Solaranlagen ohne sichere Netzanbindungen und Speichersysteme würde die derzeitige Kostenfalle für Bürger und stromverbrauchende Industrien nur verstärken. Die einzigen Profiteure dieser Situation sind die Anlagenbetreiber; denn ihnen ist der Gewinn garantiert.

Wir könnten also getrost ein 1,8%-Ziel in unseren Regionalplan einstellen und die Zeit bis 2027 nutzen, um viele der Probleme zu lösen, die bisher ungelöst geblieben sind.

Wollen wir wirklich auf Biegen und Brechen einen gültigen Regionalplan haben – ganz egal wie gut oder fehlerbehaftet er ist?

Wir wollen das nicht; denn dieser Plan beeinflusst das Leben in unserer Region über viele Jahre. Die Auswirkungen treffen auch unsere Kinder und Enkelkinder. Expertisen aus dem demokratischen Diskurs sollten genutzt und nicht das Nachdenken und Ausdiskutieren abgewürgt werden. 

Welche Signale empfängt die Bevölkerung?

Ist das noch demokratische Bürgerbeteiligung?

Die vor uns liegenden Probleme sind für so ein Gebaren zu ernst.  

Ein Gedanke am Schluss:

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche wird im Regionalplan 2023 nicht aufgeführt – ein Umstand, der mich verwundert. Müssen wir in Zukunft nicht mehr essen?

Nach dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages werden pro WEA mit 40 m langen Rotorblättern ca. 45 kg Mikroplastik pro Jahr abgerieben und in die Luft freigesetzt. Über die freigesetzte Menge der sogenannten Ewigkeitschemikalien oder anderer giftiger Stoffe berichtet er nicht. Je größer die WEA werden, um so größer wird die Emissionsmenge. Mikroplastik und andere Chemikalien gelangen in den Boden, ins Grundwasser und letzten Endes in unsere Nahrungskette. Ist der folgende Gedanke eine überzeichnete Utopie?

Wie lange können wir, unsere Kinder und Enkel unsere Nahrungsmittel noch in Deutschland anbauen, bevor die Äcker und Wiesen zu belastet sind?

Öffentlich diskutiert wird die Bodenbelastung durch WEA bisher nicht. Die EU plant lediglich ein Verbot von vielen der Ewigkeitschemikalien, was zumindest in die richtige Richtung weist.

Kommen wir an den Anfang meines Vortrages zurück: Demokratie und Bürgerbeteiligung

Der Bürger ist der Souverän in der Demokratie, kein Bittsteller.

– Die Akteure einer demokratischen Gesellschaft sollten ideologiefrei, vernunftorientiert und     bürgernah agieren.

– Transparenz auf allen Ebenen ist gefragt.

– Die Akteure dürfen eine regelmäßige Fehleranalyse nicht scheuen.

– Voraussetzung dazu ist u.a. eine unabhängige Wissenschaft, ohne Drittmittelfinanzierung durch Lobbyisten, die zu vorgezeichneten Ergebnissen führt und ganze Problembereiche ausblendet.

– Die Akteure gehen mit den Ressourcen und finanziellen Mitteln unserer Gesellschaft so um, wie sie es auch in ihrem privaten Bereich tun würden.

– Gegenseitige Achtung ist das A und O.

Die heutige Abstimmung der Regionalversammlung steht für mich exemplarisch dafür, wie wir uns in der Zukunft ein Zusammenwirken aller Beteiligten vorzustellen haben.

Es geht also heute nicht nur darum, die Gesetze des Bundes umzusetzen, sondern auch wichtige Weichen für die Zukunft unserer Region zu stellen.

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