Ulrich Thiessen
Die Genehmigung von Windrädern soll beschleunigt werden. Damit verschieben sich auch Verantwortlichkeiten.
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Investoren klagen immer wieder, dass die Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen in Deutschland vier bis fünf Jahre oder noch länger dauert. Das soll sich ändern. Der Bundesrat hat am 10. Juli 2025 entsprechenden Gesetzesänderungen zugestimmt.
Künftig sollen Windvorranggebiete in Beschleunigungsgebiete umgewandelt werden. Von den fünf Planungsregionen im Land Brandenburg haben bislang nur die Bereiche Uckermark-Barnim und Havelland-Fläming genehmigte Windvorranggebiete. Was sich dort jetzt ändert, wird noch geprüft.
An der Oder wird noch ausführlich geprüft
Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass es künftig Abstriche bei der Umweltverträglichkeitsprüfung im Zuge der Genehmigung neuer Windräder gibt. Die ist nur noch vorgeschrieben, wenn Nachbarstaaten betroffen sein könnten. Wie das an der polnischen Grenze definiert wird, ist offen.
Auch die im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehenen artenschutzrechtlichen Prüfungen sollen in den Beschleunigungsgebieten entfallen. Im Genehmigungsverfahren für die Windvorranggebiete sind Artenschutzbelange schon geprüft worden. Bislang galt, dass die Betreiber von Windrädern in sensiblen Bereichen noch einmal Gutachten zu geschützten Tieren an ihren beantragten Standorten vorlegen müssen. Das entfällt.
Künftig reicht ein Blick in die teilweise fünf Jahre alten Unterlagen des Landesumweltamtes, um sogenannte Minderungstatbestände festzulegen. Das können Abschaltungen der Anlagen in den Morgen- und Abendstunden sein, um Fledermäuse zu schützen, oder naturschutzrechtliche Auflagen beim Bau der Windräder. „Eigentlich wissen wir dabei gar nicht, ob die geschützten Tiere noch da sind, oder neue sich angesiedelt haben“, formuliert ein Regionalplaner.
Genehmigung soll in sechs Monaten erfolgen
Das Land könnte auch bestimmte Vogelarten festlegen, die von besonderer Bedeutung sind. Gebiete mit deren Vorkommen in den Windeignungsgebieten würden dann von der Umwandlung in Beschleunigungsgebiete ausgenommen werden. Dass das tatsächlich passiert und dann größere Flächen betrifft, ist unwahrscheinlich, heißt es in Fachkreisen.
Weitere Erleichterungen für Investoren gibt es im Bearbeitungsverfahren der Anträge. Diese sollen ab November deutschlandweit auf elektronischem Wege eingereicht und auch so bearbeitet werden. Sind die vollständigen Unterlagen in der Behörde angekommen, so hat die Genehmigung für eine Windkraftanlage mit weniger als 150 Kilowatt Leistung im Beschleunigungsgebiet innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen, heißt es im Gesetzestext.
Neu geregelt ist auch, dass bei bereits genehmigten Windrädern noch einmal der Anlagentyp verändert werden kann, ohne dass das Verfahren noch einmal aufgerollt werden muss. Dabei darf sich der Durchmesser des Rotorkreises um zu bis 20 Meter erhöhen. Es muss lediglich geprüft werden, dass keine militärischen und luftverkehrlichen Belange tangiert werden. Die Standorte genehmigter Anlagen dürfen zudem bis zu acht Meter verschoben werden.
Sind keine geeigneten oder für den Investor verhältnismäßig erscheinenden Maßnahmen zum Schutz bedrohter Tiere möglich, zahlen die Betreiber der Windräder Geldbeträge an das Bundesministerium für Umwelt. Wie die Verhältnismäßigkeit festgelegt wird, ist nicht geregelt.
Land hat keine Mitsprache bei Ausgleichsmaßnahmen
Mit dem so eingesammelten Geld sollen Naturschutzmaßnahmen des Bundes zur „Sicherung oder Verbesserung des Erhaltungszustandes der durch den Betrieb von Windenergieanlagen an Land und Energiespeicheranlagen betroffenen Arten“ ergriffen werden, lautet die neu geregelte Formulierung. Eine Festlegung, dass die Gelder in den Regionen oder Ländern eingesetzt werden müssen, in denen die Gelder gezahlt wurden, ist nicht im Gesetz enthalten.
Vorgesehen ist, dass die Planungsregionen, die schon bestätigte Pläne mit Windvorranggebieten haben, innerhalb eines Vierteljahres den Beschluss fassen müssen, diese in Beschleunigungsgebiete umzuwandeln. Wann sie damit fertig sein sollen, ist nicht geregelt. Unklar ist zurzeit auch noch, ob und wie ausführlich Kommunen und Verbände im Verfahren beteiligt werden müssen.
Carsten Preuß, Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), sieht in der Gesetzesnovelle völlig falsche Signale. Statt den Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Müllhalden oder in Industriegebieten zu beschleunigen, werde der Naturschutz geschwächt und werden wertvolle Naturräume und schützenswerte Arten gefährdet. Preuß kritisiert, dass für solche Verfahren aktuelle Umweltdaten fehlen und die Genehmigungsbehörde angesichts fehlenden Personals und der verkürzten Fristen nicht ausreichend prüfen könne.
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